Programmierer
Kapitel 1: Luckies bedrohliche Jobsuche

Programmierer Superman gesucht!

In einer Stellenanzeige war die Rede von Superman im Gewand eines Programmierers:

»Als Programmierer bringen Sie diese Fähigkeiten mit: HTML, CSS, JavaScript, jQuery, Java, Python, Haskell, SQL, Objective-C, JSON, XML, GlassFish, TomEE, Mapping Tools, JPA, Hibernate, Maven, SAP und Jenkins. Vorausgesetzt werden mindestens fünf Jahre Berufserfahrung…«

Recht schnell begriff ich, dass diese Stellenanzeige nicht aus der Feder eines Informatikers oder IT-Experten stammen konnte.

»Wie meinst du das?«, unterbricht mich Harry und sieht mich eindringlich an.

»Naja, wer JavaScript beherrscht, hat zwangsläufig Kenntnisse in HTML und CSS und JQuery, zumal letzteres eine freie JavaScript Bibliothek ist. JavaScript reicht als Angabe völlig aus.«

»Gut, leuchtet mir ein, und wie kamst du also zu deinem ersten IT-Job?“

Ein Interview, ein Unfall, ein Job als Programmierer

Da war diese Anzeige auf Monster die mich angesprochen hat:

»SOS: Programmierer mit MacGyver-Skills gesucht. Wir suchen einen Informatiker, der unseren Ideen Leben einhauchen kann und die Digitalisierung unseres Betriebs begleitet…«

Ich sendete meinen Lebenslauf und hatte fünfzehn Minuten später einen Interviewtermin. Das ging richtig flott. Meine Wahl fiel auf Freitag, neun Uhr.

Der verrückteste Tag meines Lebens

Es war Sommer und das morgendliche Gezwitscher der Vögel trieb mich aus den Federn. Unmittelbar nach dem warmen Morgenkaffee breitete sich Nervosität bei mir aus. Ein ganzes Magazin banaler Fragen schoss mir durch den Kopf: »Was soll ich anziehen?«, »Wie soll ich mich verhalten?«, »Wer wird mich interviewen?«…

Um kurz nach neun, also schon nicht mehr pünktlich, bog ich hastig mit meinem Roller in die Parkgarage bei der Messe ein. Ich beschleunigte bis zur Schranke, wollte ein Ticket ziehen und dann »BANG«.

Suchst du einen Job als Informatiker? Hier erfährst du mehr darüber, wie Lucky dir helfen kann.

Es machte einen gewaltigen Knall, gefolgt von einem polternden Scheppern. Im Resonanzkörper der Parkgarage schallte ein ohrenbetäubender Lärm. Eine brachiale Krafteinwirkung schleuderte mich nach hinten. Mein Roller knallte polternd gegen die Schranke und ich stürzte rücklings auf die Motorhaube eines knallroten Ferraris. Der Einschlag meines Helms hinterließ eine Mulde im zerborstenen Glas der Windschutzscheibe. Ein metallischer Geschmack flutete meine Zunge. Für einen kurzen Augenblick verlor ich das Bewusstsein.

Als ich im nächsten Moment zu mir kam, war der Fahrer ausgestiegen. Er stand neben der Motorhaube und blickte mich mit weit aufgerissenen Augen an.

»Sind Sie verletzt?«, stammelte er mit einer besorgten Stimme. »Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Ich wurde abgelenkt und bin Ihnen aufgefahren. Soll ich die Sanitäre rufen? Oder die Polizei?«, setze er bestürzt nach.

Meine erste Begegnung mit Charly

Mit fremdartigen Verrenkungen richtete ich mich auf und ließ mir auf die Beine helfen. Ich hatte großes Glück. Bis auf eine leichte Schulterprellung, einen Biss auf die Zunge und einen Schock, ging es mir gut. Ich zog den Helm ab und griff in die Hosentasche nach dem Handy. Das Display war in tausend Teile zersplittert und nichts ging mehr. Weder der Name, noch die Adresse meines Termins waren mir in Erinnerung.

Ich atmete schwer aus und senkte den Kopf.

»Ich werde ihnen alles ersetzen, für jedweden Schaden aufkommen, der Ihnen entstanden ist.«, erklärte der Mitfünfziger im Nadelstreifenanzug und glänzenden Lederschuhen. Sein schattig blondes Haar war glatt zur Seite gescheitelt und sein herbes Parfüm vermischte sich mit dem beißenden Geruch von verbranntem Gummi.

»Darf ich Sie in mein Büro bitten? Es ist gleich dort drüben. Kommen Sie, ich helfe Ihnen. Lassen Sie alles stehen. Jemand wird sich um alles kümmern.«

Der Job als Programmierer ist gegessen

»Jetzt ist es eh schon egal.«, erklärte ich mit knappem Kopfschütteln und hatte dabei das Interview im Sinn. Wehmütig verabschiedete ich den Gedanken an meine potentielle Jobstelle als Programmierer.

»Danke, das geht schon.«, murrte ich, als wir im obersten Stockwerk aus dem Fahrstuhl polterten. Die Etagenkante lag einen Tick zu hoch. Kurz darauf schärfte sich mein Blick und ich bemerkte, dass wir bereits in seinem Büro standen. Ein großzügig geschnittenes Loft mit großem Besprechungstisch, einer einladenden Sitzgruppe und Büroeinrichtung aus Leder, dunklem Holz, Chrom und Glas. Frisch geschnittene Hortensien schmückten eine bauchige Kristallvase auf dem Couchtisch und versprühten einen sommerlichen Duft.

»Verzeihung, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Karl Tenning.« Er hielt mir die Hand hin und sah mich reumütig an, als er merkte, dass ich mir nicht sicher war, ob ich nach ihr greifen sollte. Meine rechte Schulter pulsierte und jede Bewegung des Arms war stechend schmerzhaft. Ich hatte mir offensichtlich einen Nerv in der Schulter eingeklemmt.

Das Rätsel um den Verkehrsrowdy lüftet sich

»Ich bin Lukas.«, erklärte ich abgehakt kühl. »Leider kann ich Ihnen nicht die Hand reichen, weil ich tierische Schmerzen habe.«

»Ja natürlich. Ich verstehe das. Entschuldigen sie meine Trotteligkeit. Möchten sie auf dem Sofa Platz nehmen? Ich muss nur kurz meiner Assistentin Bescheid geben.«

»Rita, Karl hier. Hör zu. Ich hatte einen Unfall. Mein Auto steht in der Parkgarage vor der Schranke und der Roller, den ich angefahren habe, auch. Bitte Teo, sich darum zu kümmern.«

Er wurde still.

Sein Blick trübte sich und dann meinte er: »Ich bin jetzt oben im Büro. Werde sowieso gleich wieder weg sein. Sollte er noch kommen, gibst du mir Bescheid.«

»Möchten Sie einen Kaffee?«, rief er mir zu, während er sein Handy mit der Hand abschirmte. Ich nickte.

»Und bring uns bitte zwei Kaffee und was zu essen hoch. Und ein neues Handy, bitte.«

»Wie geht es ihrem Arm?«, wollte er wissen, während seine Stirn Falten warf.

»Nicht so gut, aber der Schmerz lässt gerade etwas nach.«

»Sie haben viel Glück gehabt. Es tut mir so unendlich leid, was ich angerichtet habe. Gleich haben sie ein neues Handy, dann sind sie wieder vernetzt.«

»So einfach ist das nicht.«

»Es ist das gleiche Modell, wie ihr altes. Vermutlich eine Generation aktueller.«

»Wenn das so ist…«

»Darf ich fragen, was sie arbeiten?«

»Ich arbeite im IT-Sektor.«, war meine knappe Antwort. Ich wollte es so allgemein wie möglich halten und hoffte, dass er nicht weiter nachbohrt.

Was er auch nicht tat. Stattdessen fing er an über sich zu erzählen. Besonders weit kam er aber nicht.

Endlich wieder vernetzt

Ein Klingelgeräusch des Aufzuges ließ ihn verstummen. Eine gepflegte Dame mit kastanienbraunem Haar und cremefarbigem Kostüm näherte sich. Ihr Pferdeschwanz wog mit den Schritten. Wortlos stellte sie ein reich belegtes Tablett auf den Tisch, richtete sich wieder auf, strafte die Schultern und strich sich eine Rockfalte von der Hüfte.

»Karl, der Wagen und der Roller stehen nun in deiner Garage. Termine musste ich keine Absagen, da du zwei Stunden für die letzte Besprechung eingeplant hattest. Es ist jetzt halb zehn und er hat sich bis jetzt nicht gerührt. Brauchst du noch was von mir?«

»Danke Rita, wir kommen zurecht.«

»Bitte, ihr Handy.«, erklärte Karl mit leiser Stimme und streckte mir die folienverschweißte Verpackung eines nagelneuen I-Phones entgegen.

»Danke.«, meinte ich und distanzierte mich weiterhin von seinem Blick. Ich wollte ihm nicht in die Augen schauen, ihm nicht das Gefühl geben, ich hätte ihm verziehen.

»Bitte entschuldigen Sie mich für einen Augenblick.«

Er ging die Schritte zu seinem Schreibtisch und machte sich an seinem iMac zu schaffen. In der Zwischenzeit gelang es mir, mein neues Handy über die Cloud zu aktivieren und ich verschaffte mir Zugang zu meinem Telefonbuch. Zwei Fingertipps später poppte die Telefonnummer des Termins auf.

»Hallo?«

»Ja, bitte?«

»Lukas Braun hier. Ich hatte eigentlich ein Interview um neun. Leider ist etwas dazwischengekommen. Meinen Sie, wir könnten einen neuen Termin vereinbaren?«

»Ich verbinde Sie mit unserem Vorstand. Das können Sie dann direkt mit ihm besprechen.«

»Nein, das ist nicht nötig…«

»Tenning, guten Tag… hallo?«

Dem Informatiker bleibt die Spucke weg

Mit einem Mal fuhr es mir frostig ins Genick. Mein Atem flachte ab und ich begriff, dass ich gerade im Zimmer des Vorstandes saß, den ich gleichzeitig am Handy hatte. Ich legte reflexartig auf und blickte rüber zum Schreibtisch. Er hatte noch das Funktelefon am Ohr und stammelte: »Hallo, ich höre sie nicht. Ich kann nichts verstehen. Vielleicht sollten sie nochmal anrufen. Hallo?« Dann legte er auf und kam mit leicht gebeugter Haltung zu mir.

»Wie geht es ihnen?«, fragte er und schien kein bisschen weniger besorgt als vorher.

»Deutlich besser.«, meinte ich und sah ihm dabei zum ersten Mal in die Augen. Sie sahen traurig, verzweifelt und ehrlich aus. Es war unverkennbar, dass ihm die jüngsten Ereignisse gleichermaßen zugesetzt hatten wie mir.

»Was sagten sie, machen sie hier?«

»Wir betreiben hier einen Großhandel für Büroeinrichtungen und Büromaterial.«

»Und Sie suchen Informatiker!?«

»Oh, Gott. Das ist unser wunder Punkt.«

»Warum?«

»Weil keiner meiner hundertvierundzwanzig Angestellten Programmierer ist. Seit sechs Monaten suchen wir händeringend nach einem erfahrenen Informatiker. Wir hatten schon eine Vielzahl Bewerber, die uns durch die Bank die kalte Schulter gezeigt haben. Keiner möchte hier arbeiten. Den letzten Bewerber hatte ich gerade am Telefon. Ihm ist offensichtlich der Hörer aus der Hand gefallen, als er mich gehört hat.«

»Nein, ich denke nicht, dass ihm der Hörer aus der Hand gefallen ist. Er hat garantiert aufgelegt.«, werfe ich entschlossen ein.

»Damit werden sie wohl Recht haben. Doch was macht sie da so sicher?«

»Sagen wir Mal, ich kenne ihn verdammt gut.«

„Wirklich, wie kann das sein? Ich verstehe nicht…«

Showdown: Der Programmierer ist längst da!

„Herr Tenning, ich bin dieser Bewerber, der Mann, den sie heute vor der Schranke angefahren haben. Ich war auf dem Weg zu Ihnen.«

Mit glasigen Augen starrte er mich an.

»Wenn Sie Ihre Bewerber in der Garage zu Brei fahren, noch bevor sie interviewt werden können, stehen die Chancen für eine Einstellung schlecht. Doch ich glaube, dass ich für Sie arbeiten möchte, sofern wir uns einigen.«

»Junge, Sie haben keine Ahnung, was Sie da sagen!«, rief er bevor ein Lachen lospolterte, sich eine Träne aus seinem Augenwinkel löste und ihm über die Wange lief. Das war ein magischer Moment. 

„Ich bin übrigens Charly. Wir duzen uns alle hier. Und jetzt sag mir, was ich tun muss, damit du bei uns anfängst…“

Dirty Harry ist zufrieden

»Wow, eine gute Geschichte von einem Programmierer.«, jaulte Harald. »Was hast du für Tenning getan?«

»Ich habe ihm ein Team aus Frontend-Entwicklern, Backend-Programmierern, Online-Vermarktern und Redakteuren aufgebaut.«

Das Feuer im Kamin setzt sich etwas. Einer der Birkenscheitel leuchtet in Schattierungen aus rot und schwarz. Rauchfäden setzen sich von ihm ab und werden in den Schornstein gesogen.

»Es war sicher nicht einfach, ein Team aufzubauen. Hat Tenning nicht ewig gebraucht, um nur einen Programmierer zu finden? Wie bist du zu einem Team gekommen?«

»Das ist eine andere Story.«

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