Stevie rockt die IT Jobs!
»IT Jobs gibt es wie Sand am Meer. Warum sind die Coder bei dir gestrandet? Hast du Jean-Luc Picard auf die Dielen geschickt, um die Aufmerksamkeit von Java Programmierern auf dich zu ziehen?«
Harald Hetzer, alias Dirty Harry der Journalist, macht kreisende Bewegungen mit den Armen und verrenkt rhythmisch den Kopf.
»Mir gefällt dein Bild.«, lache ich, weil mich sein Gezappel zutiefst amüsiert.
»Neben Java Programmierern, brauchten wir auch PHP Coder fürs Backend, Leute die sich mit SQL, HTML, CSS und JavaScript auskannten. Wir brauchten einen Webdesigner, Onlinevermarkter und Redakteure. Mit Picard waren die IT Jobs nicht zu besetzten.«
»Was ist mit C++, Python, Perl und Haskell?« Ich bin erstaunt, dass Harry so gut Bescheid weiß, was gängige Programmiersprachen betrifft. Mit einem Mal setzt sich ein Erinnerungsfetzen bei mir ab. Ein flaues Gefühl beschleicht mich und mein Kopf wird schwer.
»Es war zum Mäuse melken, eine einzige Tragödie. In den
ersten sechs Monaten nahm Charly die Bewerbungen in die Hand. Wir hatten einen Blumenstrauß mit IT Jobs ausgeschrieben, und
es gab auch einen prallen Kartoffelsack voller Interviews. Doch nicht ein einziger Softwareentwickler wollte bei
uns Wurzeln schlagen. Die Informatiker
kamen, hörten sich Charly an, machten auf der Ferse kehrt und ließen die
Türe ins Schloss fallen. Es war so, als wären wir mit der Krätze befallen
gewesen. Alle Felle schienen davon zu schwimmen. Bis wir in Stevies Büro zogen.«
»Warum Stevies?«
»Weil seinen Ideen Leben eingehaucht worden ist.«
»Na dann lass mal hören. Erzähle mir die Geschichte Lucky
und erzähle sie mir so, wie du sie einem IT-Buddy erzählen würdest.
Stevie Wonder, IT Jobs vom Superhelden
Es war Ende Februar. Draußen herrschten arktische Temperaturen. Der Schnee der vergangenen Tage hatte die Straßen zu Eisrutschen verwandelt. Mein Roller blieb in der Garage und ich nahm die Öffentlichen zur Arbeit. Ich fuhr gerade die Rolltreppe am Marienplatz runter, als es mir schlagartig warm ins Gesicht wehte. Eine Windböe hatte sich druckbeschleunigt aus dem Tunnel geschoben und kündigte die heranrasende U-Bahn an. Stevie war zwei Stationen vor mir zugestiegen und wartete im dritten Wagen. Mit einem zischenden Saugen öffneten sich die Türen und eine Menschentraube quoll heraus. Das Abteil war sichtlich entleert.
»Alter, nicht dein Ernst?!«, hörte ich eine männliche Stimme
rufen.
»So krass!«, rief eine andere.
»Die Kills machen mich fertig!«, verlautbarte ein weiterer
Ruf.
»Unglaublich.«, staunte die letzte der Stimmen. Als sich die Reihen gelichtet hatten, erkannte ich vier aufgebrachte Jungs, die sich an der gegenüberliegenden Tür des Abteils um Stevie scharrten. Sie sahen nach Studenten aus.
1-A Vorstellung. Halt die Ohren steif, Champ.
»Okay Jungs, das sind dann dreißig zu null. Muss hier raus.
Habe doch jetzt einen IT Job.«
Stevie drückte einem die PSP in die Hand.
»Die gehört dir.« Der Bauch des wohlgenährten Studenten wölbte sich über die Gürtelschnalle seiner tief sitzenden Jeans. Er legte die Hand auf Stevies Schulter und setzte ein Honigkuchengrinsen auf.
»Gratuliere zum IT Job Stevie Wonder.«, dann kaute er kurz auf der Lippe und meinte: »Wann ist das nächste Upload?«
»Heute Abend gibt’s die Session vom Weekend.«, erklärte Stevie, legte den Kopf schief und schnalzte mit der Zunge.
»Check, Alter. Wie geil ist das denn?!«
»Jo, Bro, das ziehen wir uns heute nach der Stabi rein und danach gibt’s aufs Maul, Paul.«
»Lass krachen Stevie.«
»Ja, lass krachen.«
»Bleib auf Kurs!«
»1-A Vorstellung. Halt die Ohren steif, Champ.«, lautete der
letzte der vier Abschiedsrufe.
IT Jobs müssen den
Geschmack von Programmierern treffen!
Ich stieg mit Stevie am Odeonsplatz aus und hatte noch kein
Wort mit ihm gewechselt.
»Hi Lucky.«, meinte er als er zu mir aufgeholt und sich
durch den Menschenauflauf gekämpft hatte.
»Hi Superstar. Du hast die Jungs eben ganz schön beeindruckt. Die waren hin und weg von dir.«
»Ja, die treffe ich fast jeden Morgen.«
»Und es geht immer so ab?«
»Nee, meistens geht’s um ihre Vorlesungen, oder sie lassen
sich bei Hausarbeiten in Java
von mir helfen. Du weißt ja, ich liebe Java Programmieren.«
»Das habe ich mitbekommen. Aber wenn wir schon bei der Liebe
sind: Dein Herz scheint auch für Gaming zu schlagen.«
»Ja, ich zocke saugerne, liebe es.«
»Und was meinte der gerade eben? Welche Session vom Wochenende möchtest du uploaden?«
»Call of Duty. Ich zeichne meine Spiele auf und lade sie auf
Youtube hoch.«
»Hey, das ist cool. Wie ist dein Username?«
»steviewonder, zusammen und klein.«
Der Java Programmierer riecht den Architekten Braten
»Okay Stevie Wonder, das werde ich mir mal reinziehen. Und jetzt
haben wir gleich das Meeting mit Charly. Nächste Woche ziehen wir ins neue Büro,
und wir müssen den Plan für die Ausstattung mit ihm verabschieden. Und er
möchte, dass wir zukünftig die Interviews
der IT-Jobs übernehmen.«
»Ausstattung?«
»Ja, dein Arbeitgeber ist hierzulande einer der größten
Büroausstatter. Schon gehört?«
»Und was bedeutet das?«
»Einfach alles. Charly hat eine Menge Erfahrung mit sowas und
legt sich mächtig ins Zeug. Er hat sogar einen seiner Architekten eingebunden.«
»Okay, von mir aus.«, sagte Stevie in einer Gleichgültigkeit,
die mit Skepsis graviert war. Ich sah es nicht kommen. Doch es sollte sich noch
zeigen, dass Stevie gute Antennen besaß.
0815-Arbeitsplatz für Coder
»Ach, die Herren Informatiker.«, begrüßte uns Charly und sah in seinem
hellgrauen Nadelstreifenanzug wie aus dem Ei gepellt aus.
»Das ist Franz. Er wird uns gleich seine Vorschläge zum
neuen Office zeigen.« Franz war ein hagerer Mittfünfziger mit silbernem Bürstenhaarschnitt
und kleinen blaugrauen Augen. Sein beiger Anzug war ihm zwei Nummern zu groß
und sein Hemd war falsch geknöpft. Mit seiner Nickelbrille hatte er etwas
Lehrerhaftes, was von einer grobgestrickten Wollkrawatte in hellblau eskortiert
wurde.
»Habe die Ehre.«, näselte er halsrenkend und hob zur Begrüßung
die Hand. Seine Stimme war kopflastig, hoch und ohne Volumen.
Ich konnte in Stevies Blick lesen, dass er ihn für einen
extraterrestrischen Eindringling hielt. Franz zog mit einem schmirgelnden
Rascheln eine zusammengerollte Blaupause aus seiner Plastiktube und strich sie
auf dem Tisch glatt.
»Dann lass mal sehen.«, rief Charly voller Tatendrang. »Erkläre
uns, was du vorhast.«
»Also, hier ist der Eingang. Da kommt eine Garderobe hin.
Für vierzehn Programmierer habe
ich drei Tischgruppen vorgesehen, zwei Fünfergruppen da und eine Vierer hier.
Jeder Arbeitsplatz wird mit einem IMac und einem Chefsessel bestückt.«
Stevies Informatiker Wohlfühloase
»Ich mag deinen Vorschlag, Franz. Was sagt ihr dazu?« Charly
und Franz sahen uns eindringlich an. Ein Blick zu Stevie verriet mir, dass sein
Begeisterungsbalken im tiefroten Bereich lag. Es sah eher so aus, als wäre Call of Duty unter
Prohibition gestellt worden. Die Stille fing bald an, sich beklemmend
anzufühlen.
»Also, ich finde es ganz gut. Sieht mir nach einem gemütlichen Büro aus.«, schoss es aus mir heraus. Franz nickte sich ein gesichtsweites Grinsen. Meine Bestätigung taugte ihm.
»Was ist mit dir Stevie? Du hast noch nichts dazu gesagt.«, fasste Charly nach. Wieder kehrte Stille ein, doch Stevie machte keine Anstalten sie zu brechen. Er sah mit leerem Blick auf die Blaupause und runzelte die Stirn. Franz wechselte sein Gewicht aufs andere Bein und stützt die Hände auf die Hüften. Charly starrte mich an, als wüsste ich, was in Stevies Kopf rumspukte. Dann zog er seinen Blick zu Stevie und mutmaßte: »Du findest es scheisse, oder?«
Franz verknotete die Hände vor seinem Gesicht und klopfte mit dem Daumennagel auf die Schneidezähne. Er schien außer Fassung zu geraten.
»Ich finde es langweilig, ohne Seele, ohne Persönlichkeit.«,
haute Stevie einfach so raus. Das war so ehrlich! Charly legte den Finger auf
seine Lippen und kniff die Augen zusammen.
»Okay, Stevie, wir gehen zurück auf Los. Sag, wie du es
machen würdest. Sag’s frei raus!« Nun schien sich Franz innerlich aufzulösen.
Seine linke Gesichtshälfte begann unkontrolliert zu zucken.
Stevies Vorstellungen eines Arbeitsplatzes
»Also, ich stelle mir den Arbeitsplatz eines IT Jobs so vor: Weniger Tische für Coder, dafür quer im Raum verteilt; Fetten Couchbereich, in den man mit seinem Rechner versinken kann; Langen Tisch mit zwei gepolsterten Bänken vor der Küche; Gläserne Kühlschrankwand mit Getränken, Eis und gefrorenen Pizzas, viele Pizzas; Snackbar mit Schokolade, Gummibärchen und Chips, zaubert jedem Programmierer ein Lächeln auf die Lippen; Hochauflösender Beamer mit einer Playsi und Tischfußball, hebt die Stimmung; An den Wänden, kleine Basketballkörbe, die Papierknäuel schlucken können; Über den ganzen Raum gemütliche wolkenweiche Fatboys verteilt, in allen möglichen schrillen Farben. Auf Desktops würde ich bei Programmieren verzichten. Stattdessen würde ich Laptops einsetzen. Dann kann sich jeder Coder frei mit seinem Rechner bewegen und ist an keinen Arbeitslatz gebunden. Auf solche IT-Jobs haben die meisten Jungs richtig Bock.«
Back to Zero
Wieder bekleidete Stille den Raum. Charly machte ein Gesicht und fasste sich an die Lippe.
»Franz!«, schrie er plötzlich, so dass dieser zusammenzuckte
und mit seinem nasalen Tonfall winselte: »Ja, bitte?« Charly zog die Blaupause
vom Tisch und riss sie in zwei. Franz machte eine merkwürdige Verrenkung mit
dem Kopf und sah ihn fassungslos an.
»Franz, du machst jetzt genau das, was Stevie gerade erklärt
hat. Bis morgen früh brauch ich den neuen Plan. Bei Fragen, wende dich an ihn
und wenn ihm noch was einfällt, dann setze es um. Brauchst keine Rücksprache mit
mir zu halten.«
»Danke Stevie, das war unglaublich. Ich habe Bilder im Kopf und jetzt verstehe ich, was Wohlfühlen für einen Programmierer bedeutet.« Charly klopfte Stevie auf die Schulter und warf mir einen zufriedenen Blick zu. Er drehte seinen Kopf zu Franz und erklärte: »Wir brauchen dich dann nicht mehr hier. Sehen uns morgen früh wieder.« Franz hob knapp die Hand und meinte: »Habe die Ehre.« Dann verließ er fluchtartig das Büro.
Stevie ist der Gaming Superheld
»Lasst uns rübergehen.«, schlug Charly vor. Wir liefen die
Schritte und ließen uns in die samtweichen Couchsessel versinken. Weiße Lilien
blühten gelb pudrig und versprühten einen süßlichen Geruch. Charly schloss die
Augen und atmete tief ein. So dass sich sein Brustkorb wölbte.
»Ich liebe den Geruch dieser Blumen. Er ist so unverfälscht
und klar, dass man ihn mit nichts verwechseln kann. Einzigartig!« Charly
verstand es, bei schwierigen Themen entspannte Stimmung zu erzeugen.
»Also Jungs. Wir haben ein Problem. Wir wollen ab April, das
ist in fünf Wochen, die Raketen zünden und mit der Umsetzung unseres Projekts starten. Zwölf IT-Jobs sind immer noch
unbesetzt. Bewerber gab es zu Genüge, doch die meisten waren nichts. Und wer in
Frage kam, den konnte ich nicht für uns gewinnen. Ich brauche dringend eine
Lösung. Wir müssen einen Weg finden, unsere Jobstellen zu besetzen. Koste es, was es wolle!«
In Charlies Blick machte sich Sorge breit. Er schaute mich an und es war
unverkennbar, dass er eine Lösung von mir erwartete.
Belegung der IT Jobs: Lucky lehnt sich aus dem Fenster
»Was denkst du, Lucky?«
»Denke, wir deichseln das. Mit dem neuen Büro wird es einfacher
sein, Programmierer zu
gewinnen. Was den Onlinevermarkter
und die Redakteure betrifft,
kann Stevies Cousine, Emma, uns unter die Arme greifen. Sie programmiert seit November
als PHP Entwicklerin für
einen Online-Personalvermittler.«
»Und warum kann sie uns nicht mit den IT Jobs helfen?«
»Wir schalten dort längst Anzeigen für Programmierer in Java, C++, Python
und JavaScript.
Doch die Ausbeute ist spärlich. In sechs Monaten gab es sieben Interviews. Den
Ausgang kennst du ja.«
»Ja den kenne ich.« Charly senkte den Kopf, als habe er etwas ausgefressen.
Mehr Bewerber als IT Jobs
»Und warum nehmen wir keine Programmierer aus unserem Umfeld?«, fragte
Stevie mit einer unschuldigen Stimme, die eine Spur Naivität durchschimmern
ließ.
»Wie viele Programmierer
kennst du denn, Stevie?«
»Naja, kennen, was heißt schon kennen!? Die Programmierer kennen mich. Ich
kenne nur wenige von ihnen.«
Charly zog nun ein Gesicht, das vermuten ließ, dass gerade sein
Prozessor hängen
geblieben ist. Ich verstand in diesem Moment auch nur Bahnhof und hoffte, dass
sich Stevie nicht zu weit aus dem Fenster lehnte. Er hingegen, saß mit einem
fetten Grinsen da. Unsere skeptischen Blicke schienen seine Motivation nicht zu
bremsen. Plötzlich hatte ich eine Ahnung, doch dazu musste ich mich erst
vergewissern.
Das Geheimnis um Stevie lüftet sich
»Entschuldigt bitte, ich muss kurz was nachsehen.«
Ich nahm mein Handy in die Hand, sprang in die Youtube App und suchte nach
steviewonder. Und dann war alles klar. Gott, dieser Stevie. Er steckte wirklich
voller Überraschungen.
»Hast du im Lotto gewonnen?«, fragte mich Charly, da in
meinem Gesicht mit einem Mal die Sonne schien. Ab da wusste ich, wer unser Senior Java Entwickler,
Stevie, war. Doch ich ahnte nicht, dass wir schon bald von Programmierern überrannt werden
sollten und viel zu wenig IT
Jobs zu vergeben hatten.
»Ho, ho, ho! Da muss ich ja glatt fragen, wie viele Abonnenten Stevies Kanal auf Youtube hatte.«,
unterbricht mich Dirty Harry.
»Gute Frage. Das war tatsächlich der Schlüssel.«
»Ja und? Wie viele? Oder muss ich jetzt selbst nachsehen?«
Java Entwickler kommet!
»Sieh nach!« Harry greift sich sein Handy und tippt. Ich kann
nicht sehen, was er sieht, doch er wird sich gleich verändern. Erwartungsgemäß
explodiert eine Bombe in seinem Gesicht.
»4,4 Millionen Abonnenten?! Willst du mich verarschen?! Der Kleine ist ein f…ing
Superstar.«, schreit er in den Raum.
»Ja, unser Stevie ist ein f…ing Superstar auf Youtube und hat eine Fanbase von 4,4 Millionen Gamern. An dem Video hat er übrigens
achttausend verdient.«
»Unglaublich! Und warum macht er nicht nur das?«
»Seine Eltern würden ihm den Kopf abreißen und Emma würde
ihn übers Knie legen. Abgesehen davon hatte Stevie auf Java Programmieren Bock. Das war ihm wichtiger als das Gaming. Und Geld war für ihn
bestenfalls Zweck, aber kein Antrieb.
»Okay, und Tenner war aus dem Häuschen, oder?«
»Darauf kannst du wetten. Er machte Luftsprünge und pumpte
die Faust in die Luft. Ab diesem Tag war er der emotionale Vorsitzende des
steviewonder Fanclubs. Stevie hier, Stevie da, Stevie dort.«
Keine Missgunst im Job
»Aha, gab es wohlmöglich Eifersüchteleien zwischen Programmierern?«
»Ach quatsch, ich bin selber einer seiner größten Fans.
Stevie ist phantastisch. Er hat nichts Böses in sich. Vielleicht manchmal etwas
Trotziges, aber nie Böses.«
»Okay, gefressen. Ich mag die Geschichte und ich liebe
Stevie. Gibt es noch mehr von ihm zu erzählen?«
»Oh ja, warte mal ab, wie er die Informatiker in Aufruhr gebracht hat und unsere Stellen im nu gestürmt wurden. Und dann noch sein Einstellungstest: ein brillanter Hindernisparcour. Das war einfach Wahnsinn. Eine geile Zeit! Und es machte tierischen Spaß mit Stevie die IT Jobs zu besetzen.«
nächstes Kapitel lesen
Suchst du nach einem neuen IT Job? Get Lucky!