Programmierer
Kapitel 1: Luckies bedrohliche Jobsuche

Programmierer Superman gesucht!

In einer Stellenanzeige war die Rede von Superman im Gewand eines Programmierers:

»Als Programmierer bringen Sie diese Fähigkeiten mit: HTML, CSS, JavaScript, jQuery, Java, Python, Haskell, SQL, Objective-C, JSON, XML, GlassFish, TomEE, Mapping Tools, JPA, Hibernate, Maven, SAP und Jenkins. Vorausgesetzt werden mindestens fünf Jahre Berufserfahrung…«

Recht schnell begriff ich, dass diese Stellenanzeige nicht aus der Feder eines Informatikers oder IT-Experten stammen konnte.

»Wie meinst du das?«, unterbricht mich Harry und sieht mich eindringlich an.

»Naja, wer JavaScript beherrscht, hat zwangsläufig Kenntnisse in HTML und CSS und JQuery, zumal letzteres eine freie JavaScript Bibliothek ist. JavaScript reicht als Angabe völlig aus.«

»Gut, leuchtet mir ein, und wie kamst du also zu deinem ersten IT-Job?“

Ein Interview, ein Unfall, ein Job als Programmierer

Da war diese Anzeige auf Monster die mich angesprochen hat:

»SOS: Programmierer mit MacGyver-Skills gesucht. Wir suchen einen Informatiker, der unseren Ideen Leben einhauchen kann und die Digitalisierung unseres Betriebs begleitet…«

Ich sendete meinen Lebenslauf und hatte fünfzehn Minuten später einen Interviewtermin. Das ging richtig flott. Meine Wahl fiel auf Freitag, neun Uhr.

Der verrückteste Tag meines Lebens

Es war Sommer und das morgendliche Gezwitscher der Vögel trieb mich aus den Federn. Unmittelbar nach dem warmen Morgenkaffee breitete sich Nervosität bei mir aus. Ein ganzes Magazin banaler Fragen schoss mir durch den Kopf: »Was soll ich anziehen?«, »Wie soll ich mich verhalten?«, »Wer wird mich interviewen?«…

Um kurz nach neun, also schon nicht mehr pünktlich, bog ich hastig mit meinem Roller in die Parkgarage bei der Messe ein. Ich beschleunigte bis zur Schranke, wollte ein Ticket ziehen und dann »BANG«.

Suchst du einen Job als Informatiker? Hier erfährst du mehr darüber, wie Lucky dir helfen kann.

Es machte einen gewaltigen Knall, gefolgt von einem polternden Scheppern. Im Resonanzkörper der Parkgarage schallte ein ohrenbetäubender Lärm. Eine brachiale Krafteinwirkung schleuderte mich nach hinten. Mein Roller knallte polternd gegen die Schranke und ich stürzte rücklings auf die Motorhaube eines knallroten Ferraris. Der Einschlag meines Helms hinterließ eine Mulde im zerborstenen Glas der Windschutzscheibe. Ein metallischer Geschmack flutete meine Zunge. Für einen kurzen Augenblick verlor ich das Bewusstsein.

Als ich im nächsten Moment zu mir kam, war der Fahrer ausgestiegen. Er stand neben der Motorhaube und blickte mich mit weit aufgerissenen Augen an.

»Sind Sie verletzt?«, stammelte er mit einer besorgten Stimme. »Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Ich wurde abgelenkt und bin Ihnen aufgefahren. Soll ich die Sanitäre rufen? Oder die Polizei?«, setze er bestürzt nach.

Meine erste Begegnung mit Charly

Mit fremdartigen Verrenkungen richtete ich mich auf und ließ mir auf die Beine helfen. Ich hatte großes Glück. Bis auf eine leichte Schulterprellung, einen Biss auf die Zunge und einen Schock, ging es mir gut. Ich zog den Helm ab und griff in die Hosentasche nach dem Handy. Das Display war in tausend Teile zersplittert und nichts ging mehr. Weder der Name, noch die Adresse meines Termins waren mir in Erinnerung.

Ich atmete schwer aus und senkte den Kopf.

»Ich werde ihnen alles ersetzen, für jedweden Schaden aufkommen, der Ihnen entstanden ist.«, erklärte der Mitfünfziger im Nadelstreifenanzug und glänzenden Lederschuhen. Sein schattig blondes Haar war glatt zur Seite gescheitelt und sein herbes Parfüm vermischte sich mit dem beißenden Geruch von verbranntem Gummi.

»Darf ich Sie in mein Büro bitten? Es ist gleich dort drüben. Kommen Sie, ich helfe Ihnen. Lassen Sie alles stehen. Jemand wird sich um alles kümmern.«

Der Job als Programmierer ist gegessen

»Jetzt ist es eh schon egal.«, erklärte ich mit knappem Kopfschütteln und hatte dabei das Interview im Sinn. Wehmütig verabschiedete ich den Gedanken an meine potentielle Jobstelle als Programmierer.

»Danke, das geht schon.«, murrte ich, als wir im obersten Stockwerk aus dem Fahrstuhl polterten. Die Etagenkante lag einen Tick zu hoch. Kurz darauf schärfte sich mein Blick und ich bemerkte, dass wir bereits in seinem Büro standen. Ein großzügig geschnittenes Loft mit großem Besprechungstisch, einer einladenden Sitzgruppe und Büroeinrichtung aus Leder, dunklem Holz, Chrom und Glas. Frisch geschnittene Hortensien schmückten eine bauchige Kristallvase auf dem Couchtisch und versprühten einen sommerlichen Duft.

»Verzeihung, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Karl Tenning.« Er hielt mir die Hand hin und sah mich reumütig an, als er merkte, dass ich mir nicht sicher war, ob ich nach ihr greifen sollte. Meine rechte Schulter pulsierte und jede Bewegung des Arms war stechend schmerzhaft. Ich hatte mir offensichtlich einen Nerv in der Schulter eingeklemmt.

Das Rätsel um den Verkehrsrowdy lüftet sich

»Ich bin Lukas.«, erklärte ich abgehakt kühl. »Leider kann ich Ihnen nicht die Hand reichen, weil ich tierische Schmerzen habe.«

»Ja natürlich. Ich verstehe das. Entschuldigen sie meine Trotteligkeit. Möchten sie auf dem Sofa Platz nehmen? Ich muss nur kurz meiner Assistentin Bescheid geben.«

»Rita, Karl hier. Hör zu. Ich hatte einen Unfall. Mein Auto steht in der Parkgarage vor der Schranke und der Roller, den ich angefahren habe, auch. Bitte Teo, sich darum zu kümmern.«

Er wurde still.

Sein Blick trübte sich und dann meinte er: »Ich bin jetzt oben im Büro. Werde sowieso gleich wieder weg sein. Sollte er noch kommen, gibst du mir Bescheid.«

»Möchten Sie einen Kaffee?«, rief er mir zu, während er sein Handy mit der Hand abschirmte. Ich nickte.

»Und bring uns bitte zwei Kaffee und was zu essen hoch. Und ein neues Handy, bitte.«

»Wie geht es ihrem Arm?«, wollte er wissen, während seine Stirn Falten warf.

»Nicht so gut, aber der Schmerz lässt gerade etwas nach.«

»Sie haben viel Glück gehabt. Es tut mir so unendlich leid, was ich angerichtet habe. Gleich haben sie ein neues Handy, dann sind sie wieder vernetzt.«

»So einfach ist das nicht.«

»Es ist das gleiche Modell, wie ihr altes. Vermutlich eine Generation aktueller.«

»Wenn das so ist…«

»Darf ich fragen, was sie arbeiten?«

»Ich arbeite im IT-Sektor.«, war meine knappe Antwort. Ich wollte es so allgemein wie möglich halten und hoffte, dass er nicht weiter nachbohrt.

Was er auch nicht tat. Stattdessen fing er an über sich zu erzählen. Besonders weit kam er aber nicht.

Endlich wieder vernetzt

Ein Klingelgeräusch des Aufzuges ließ ihn verstummen. Eine gepflegte Dame mit kastanienbraunem Haar und cremefarbigem Kostüm näherte sich. Ihr Pferdeschwanz wog mit den Schritten. Wortlos stellte sie ein reich belegtes Tablett auf den Tisch, richtete sich wieder auf, strafte die Schultern und strich sich eine Rockfalte von der Hüfte.

»Karl, der Wagen und der Roller stehen nun in deiner Garage. Termine musste ich keine Absagen, da du zwei Stunden für die letzte Besprechung eingeplant hattest. Es ist jetzt halb zehn und er hat sich bis jetzt nicht gerührt. Brauchst du noch was von mir?«

»Danke Rita, wir kommen zurecht.«

»Bitte, ihr Handy.«, erklärte Karl mit leiser Stimme und streckte mir die folienverschweißte Verpackung eines nagelneuen I-Phones entgegen.

»Danke.«, meinte ich und distanzierte mich weiterhin von seinem Blick. Ich wollte ihm nicht in die Augen schauen, ihm nicht das Gefühl geben, ich hätte ihm verziehen.

»Bitte entschuldigen Sie mich für einen Augenblick.«

Er ging die Schritte zu seinem Schreibtisch und machte sich an seinem iMac zu schaffen. In der Zwischenzeit gelang es mir, mein neues Handy über die Cloud zu aktivieren und ich verschaffte mir Zugang zu meinem Telefonbuch. Zwei Fingertipps später poppte die Telefonnummer des Termins auf.

»Hallo?«

»Ja, bitte?«

»Lukas Braun hier. Ich hatte eigentlich ein Interview um neun. Leider ist etwas dazwischengekommen. Meinen Sie, wir könnten einen neuen Termin vereinbaren?«

»Ich verbinde Sie mit unserem Vorstand. Das können Sie dann direkt mit ihm besprechen.«

»Nein, das ist nicht nötig…«

»Tenning, guten Tag… hallo?«

Dem Informatiker bleibt die Spucke weg

Mit einem Mal fuhr es mir frostig ins Genick. Mein Atem flachte ab und ich begriff, dass ich gerade im Zimmer des Vorstandes saß, den ich gleichzeitig am Handy hatte. Ich legte reflexartig auf und blickte rüber zum Schreibtisch. Er hatte noch das Funktelefon am Ohr und stammelte: »Hallo, ich höre sie nicht. Ich kann nichts verstehen. Vielleicht sollten sie nochmal anrufen. Hallo?« Dann legte er auf und kam mit leicht gebeugter Haltung zu mir.

»Wie geht es ihnen?«, fragte er und schien kein bisschen weniger besorgt als vorher.

»Deutlich besser.«, meinte ich und sah ihm dabei zum ersten Mal in die Augen. Sie sahen traurig, verzweifelt und ehrlich aus. Es war unverkennbar, dass ihm die jüngsten Ereignisse gleichermaßen zugesetzt hatten wie mir.

»Was sagten sie, machen sie hier?«

»Wir betreiben hier einen Großhandel für Büroeinrichtungen und Büromaterial.«

»Und Sie suchen Informatiker!?«

»Oh, Gott. Das ist unser wunder Punkt.«

»Warum?«

»Weil keiner meiner hundertvierundzwanzig Angestellten Programmierer ist. Seit sechs Monaten suchen wir händeringend nach einem erfahrenen Informatiker. Wir hatten schon eine Vielzahl Bewerber, die uns durch die Bank die kalte Schulter gezeigt haben. Keiner möchte hier arbeiten. Den letzten Bewerber hatte ich gerade am Telefon. Ihm ist offensichtlich der Hörer aus der Hand gefallen, als er mich gehört hat.«

»Nein, ich denke nicht, dass ihm der Hörer aus der Hand gefallen ist. Er hat garantiert aufgelegt.«, werfe ich entschlossen ein.

»Damit werden sie wohl Recht haben. Doch was macht sie da so sicher?«

»Sagen wir Mal, ich kenne ihn verdammt gut.«

„Wirklich, wie kann das sein? Ich verstehe nicht…«

Showdown: Der Programmierer ist längst da!

„Herr Tenning, ich bin dieser Bewerber, der Mann, den sie heute vor der Schranke angefahren haben. Ich war auf dem Weg zu Ihnen.«

Mit glasigen Augen starrte er mich an.

»Wenn Sie Ihre Bewerber in der Garage zu Brei fahren, noch bevor sie interviewt werden können, stehen die Chancen für eine Einstellung schlecht. Doch ich glaube, dass ich für Sie arbeiten möchte, sofern wir uns einigen.«

»Junge, Sie haben keine Ahnung, was Sie da sagen!«, rief er bevor ein Lachen lospolterte, sich eine Träne aus seinem Augenwinkel löste und ihm über die Wange lief. Das war ein magischer Moment. 

„Ich bin übrigens Charly. Wir duzen uns alle hier. Und jetzt sag mir, was ich tun muss, damit du bei uns anfängst…“

Dirty Harry ist zufrieden

»Wow, eine gute Geschichte von einem Programmierer.«, jaulte Harald. »Was hast du für Tenning getan?«

»Ich habe ihm ein Team aus Frontend-Entwicklern, Backend-Programmierern, Online-Vermarktern und Redakteuren aufgebaut.«

Das Feuer im Kamin setzt sich etwas. Einer der Birkenscheitel leuchtet in Schattierungen aus rot und schwarz. Rauchfäden setzen sich von ihm ab und werden in den Schornstein gesogen.

»Es war sicher nicht einfach, ein Team aufzubauen. Hat Tenning nicht ewig gebraucht, um nur einen Programmierer zu finden? Wie bist du zu einem Team gekommen?«

»Das ist eine andere Story.«

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Softwareentwickler Stevie
Kapitel 2: Findet Super Softwareentwickler Stevie!

Ein Softwareentwickler wird zum Verhängnis

»Erzähl mir von deinem Job als Softwareentwickler bei Tenner. Wie hast du es geschafft eine IT-Mannschaft aufzubauen?«

Im Kamin wabert ein bläulich schimmernder Flammenmantel ums Holz. Glühende Adern ziehen sich durch die schwarz verkrusteten Scheitel. Harald Hetzer, alias Dirty Harry der Journalist zündet sich eine Zigarette an, nimmt einen tiefen Zug und bläst eine Wolke in den Raum.

»Eine gute Frage. Es war ein Drahtseilakt.«

Softwareentwickler sind keine Kellerasseln

»In manchen Köpfen spukt immer noch das Bild eines entlegenen Kellers. Im Halbschatten des spärlichen Lichts sitzen gollumartige Nerds mit viereckigen Augen und hacken auf ihre Keyboards ein. In der Luft liegt der Geruch von Salami und Ketchup.«

»Ja, das hört sich für mich wie ein Coder Bunker an.«, bemerkt Harry.

»Die Realität sieht aber anders aus.«

»Wie denn?«

»Viel Licht, große Räume und Rundumversorgung.«

»So haben es die Softwareentwickler nur bei Google.«

»Dann warst du noch nicht bei Tenner.«

»Wie war es dort?«, möchte Harry wissen, hebt sein Kinn und schlitzt die Augen.

Wer sich wohl fühlt, kann Großes leisten!

»Das Büro lag im vierten Stock unter einer großen Dachschräge, die mit Glas verkleidet war. Der Raum war eine einzige Erleuchtung. Vierzehn Entwickler waren auf zweihundert Quadratmeter verteilt. Wir hatten alles, was wir uns wünschten: Eine Wohlfühloase mit gemütlichen Bürostühlen und großen Tischen, wolkenweiche Couchgruppen, freie Snacks und Getränke, eine Playstation mit hochauflösendem Beamer und Tischfußball. Und am allerwichtigsten: Charly bestand auf die fortschrittlichste Hardware. Kamen stärkere Prozessoren in den Handel, wurde ausgetauscht.«

»Hört sich überzeugend an. Also wurdet ihr überrannt von IT Fachkräften?!«

»Ganz im Gegenteil! Keiner wollte bei Tenner anfangen, es war wie verhext. Und dann kam Stevie.«

»Stevie?«

»Ja, Stevie.«

»Wer ist Stevie?«

»Das, mein lieber Harry, das ist mein persönlicher Superheld. Ich kann dir die Geschichte erzählen, doch du wirst sie kaum glauben können. Wieder mal hat der Zufall das Zepter in der Hand gehabt.«

»Jetzt mach es nicht so spannend. »Erzähl mir die Geschichte Lucky und erzähl sie mir so, wie du sie einem IT-Buddy erzählen würdest.«

Stevie, der Superheld unter den Informatikern

Meine erste Begegnung mit Stevie hatte ich zum Ende meiner Studienzeit als Informatiker. Unsere Professorin für Algorithmen und Datenstrukturen gab uns eine abschließende Projektaufgabe. Wir sollten einen Java-Code-Test über dreißig Zeilen schreiben. Im Code sollten zwei Tasks eingebaut sein: Die Behebung eines Bugs innerhalb einer komplexen Schleife und die Beschleunigung eines Suchalgorithmus’. Es ging auf Zeit und die Ergebnisse wurden in einem Ranking abgebildet.

Am Tag, des Tests war ich morgens im Starbucks am Odeonsplatz. Ich saß in der gewohnten Ecke, wärmte mir die frostigen Finger an meinem heißen Kaffee und starrte den Code an. Der Wind trieb die Schneeflocken gegen das Panoramafenster, wo sie zu einem nassen Film zusammenschmolzen. Eintretende Kunden stampften den Schnee von den Stiefeln und rieben sich die Hände. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich einen Halbschatten der sich neben mich setzte.

»Die Schleife ist tot. Bevor die Variable übergeben wird, muss der Zähler rauf. Und der Algo ist ein Cachekiller. Wenn man ihn umschreibt, geht’s schneller«, tönte es plötzlich neben mir.

Ich drehte mich hastig zur Seite und klappte den Mund auf. Ein junger Kerl, keine Zwanzig grinste bis über die Ohren. Blonde Locken schirmten sein Gesicht ab und seine blauen Augen strahlten mich an.

»Wow, hast du Lust das zu lösen?«, fragte ich ihn mit großer Verwunderung in der Stimme.

»Klar, warum nicht!?«

Ein magischer junger Coder

Ich schob ihm den Rechner zu und meinte: »Hau rein, ich bin gespannt. Die ersten zwanzig Sekunden sind schon rum. Klick auf SUBMIT, wenn du fertig bist.«

»Wird gemacht.«, war alles, was er sagte.

Einen Augenblick später schob er den Rechner zurück und meinte: »48 Sekunden, #1. Was heißt das jetzt?«

»Das heißt, dass du die Aufgabe in achtundvierzig Sekunden gelöst hast und somit auf dem ersten Platz liegst.«

»Echt?!«, jauchzte er auf. »Und wie viele Plätze gibt es?« Sein Blick quetschte mich aus.

»Jetzt, einen.«, verlautbarte ich kleinlaut.

Ein Schwall der Enttäuschung schwappte über sein Gesicht. Er wendete sich ab und schien die Lust am Gespräch verloren zu haben.

»Naja, war nett dich kennengelernt zu haben.«, sagte er noch, als er aufstand und sich die Basecap ins Gesicht zog.

»Ich bin Lucky. Wie heißt du?«, rief ich, während ich den Kopf nach ihm streckte.

»Stefan.«, jaulte er fröhlich, verzog keck die Mine und rief: »Kannst Stevie sagen.«

»Mach’s gut Stevie. Und danke dir vielmals.«

»Gerne Lucky.« pfiff er, setzte sich Beats auf und verließ tänzelnd das Starbucks.

Coding-Champion des Semesters

Der Beamer projizierte die Rangliste auf die Leinwand. Im Lesesaal war das Geklapper unzähliger Keyboards zu hören. Die Professorin blickte nach hinten über ihre Schulter auf die Rangliste und zog die Brauen hoch. »Stevie – 48 Sekunden« stand auf Rang eins. Fünfundvierzig Sekunden waren bereits verstrichen. Sie fuhr sich durch die Haare und ließ ihren Blick durch die Reihen schweifen. Dabei blieb sie immer wieder bei Henri hängen, dem Summa Cum Laude Anwärter.

Henri blickte durch seine aschenbecherdicke Brille und schürzte die Lippen. Er schien dem Ziel nahe zu sein, doch es war bereits über eine Minute verstrichen. Die Professorin rieb sich das Kinn. Die Zeit zog Fäden. Eine weitere Minute war vergangen. Mit einem Mal war ein lautes Klicken zu hören und ein Notebook klappte zu. Die Dozentin blickte wieder nach hinten.

Stevies Benchmark war nicht zu knacken

»Henri Stadler – 2 Minuten 28 Sekunden.« Sie schüttelte den Kopf und lächelte während sie Henri in die Augen blickte. Er hielt ihrem Blick nicht Stand und senkte sein Haupt. Zunehmend mehr Laptops klappten zu. Nach fünf Minuten  war der Test beendet. Ein Drittel der Softwareentwickler konnte die Aufgabe nicht lösen.

»Das ist lächerlich. Wer soll bitte Stevie sein? 48 Sekunden?!«, schallte es von hinten.

»Henri hat über zwei Minuten gebraucht!«, krächzte eine andere Stimme von vorne.

Der Geräuschpegel und die Stimmen, die ihn formten, wurden zunehmend lauter.

»Ruhe Leute, Ruhe bitte!«, forderte die Professorin die tobenden Informatiker auf.

»Bitte beruhigt euch. Es gibt eine Erklärung.« Mit einem Mal bekleidete Stille den Saal und alle Blicke richteten sich nach vorne.

»Stevie ist kein Softwareentwickler der LMU. Es ist eine Benchmark, die von einem externen Softwareentwickler gesetzt worden ist.«

»Mark Zuckerberg vielleicht?«, warf Henri schrill in den Raum und machte ein Gesicht. Er mochte ihn wohl nicht besonders.

»Unwahrscheinlich, Herr Stadler. Mehr erfahrt ihr von Lukas Braun. Schönes Wochenende.«

Der Programmierer musste gefunden werden

Ich riss meinen Rechner vom Tisch und eilte zum Ausgang. Kaum war ich aus der Tür des Hörsaals gestolpert, fasst mich eine Hand an die Schulter.

»Warte Lucky, ich muss mit dir reden.«

»Was ist denn?

»Wer ist Stevie?«

»Hör zu Henri, Stevie ist ein Kerl aus dem Starbucks?«

»Aus dem Starbucks? Willst du mich auf den Arm nehmen?« Henri schnaubte und machte ein verdutztes Gesicht.

»Es ist, wie ich sage. Ich habe Stevie durch Zufall kennengelernt, und er hat den Test heute Morgen gemacht. Offensichtlich schneller als du. Damit wirst du leben müssen. Tschau Kakao.« Ich riss mich los und lief mit hastigen Schritten aus der Uni. Mein Kopf war glühend heiß. Ich stand da wie ein Lügner. So als hätte sich Stevie der Super Softwareentwickler aus meiner Phantasie geschält, damit sich meine Kommilitonen mies fühlten. Ich las es in Henris Augen.

Doch es gab nichts, was ich tun konnte. Ich hatte keine Infos über Stevie. Keinen Nachnamen, keinen Hinweis, wo er aufzufinden war. Keine Spur. Ich war die folgende Woche jeden Tag im Starbucks und beobachtete den ganzen Vormittag den Eingang. Doch Stevie kam nicht.

Der Zufall ist der geschickteste Programmierer

»Verrätst du mir, worauf du seit Tagen wartest?«, sprach plötzlich eine zarte Stimme. Ich drehte meinen Kopf zu ihr und sah ein lächelndes Mädchen sitzen. Sie war Mitte zwanzig, hatte goldblondes langes Haar, ein ovales Gesicht mit grünblauen Augen und strahlend weiße Zähne.

»Kennen wir uns?«, fragte ich.

»Ich bin Emma und sehe dich seit drei Tagen hier im Starbucks sitzen und auf die Türe starren. Also, ich bin keine Stalkerin.« Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Ihr Lächeln schlug in Verlegenheit um. »Es ist mir nur aufgefallen, dass du jeden musterst, der das Starbucks betritt. Bist du Detektiv?«

»Nein. Ich suche jemanden, den ich hier kennengelernt habe.«

»Wie sieht sie denn aus?«

»Sie ist ein er.« Emma setzte ein tolerantes Gesicht auf.

»Ich glaube du hast jetzt ein falsches Bild.«

»Nein, schon okay.«

»Ich bin Informatiker und habe hier letzte Woche einen jungen Softwareentwickler kennengelernt. Stevie ist sein Name.«

»Stevie?«, rief sie völlig überrascht. »Ein blonder Junge mit Locken und auffälligen Grübchen?«

»Du kennst ihn?«, fragte ich verdutzt.

»Kann man wohl sagen, ja.« Emma trompetete in ein Taschentuch. »Ich kenne meinen Cousin ziemlich gut.«

Eine glückliche Verwandtschaft

Mein Herz setzte für einen Schlag aus. »Cousin?!, brüllte ich übereuphorisch. »Er ist dein Cousin?!«

»Den meinst du oder?!« Emma schob mir ihr Handy ins Sichtfeld. Der Junge auf dem Bild, es war Stevie.

»Ja verdammt, das ist er! Ich muss dringend mit ihm reden, Emma.«

»Könnte schwierig werden.«

»Warum?«

»Work and Travel. Stevie ist für ein halbes Jahr nach Australien, hat kein Handy und hat sich auf Facebook und Insta abgemeldet. Kommt erst Ende August wieder.« Emma stand auf und packte ihre Sachen zusammen. »Ich muss leider weiter, aber schreib mich auf Facebook an.«

»Wie finde ich dich da?«

»Emma Santos, ganz einfach.«

»Danke Emma, ich bin Lucky, Lukas Braun.«

»Alles klar Lucky. Man sieht sich.«

Harry ist völlig aus dem Häuschen

 »Das ist ja unglaublich.«, jauchzte Harry und griff nervös nach seinen Zigaretten. »Du hast den Programmierer also gefunden. Wie war euer Wiedersehen?

»Stevie hat ganz schön gestaunt.«

»Erzähl!«

Ich habe mich mit Emma angefreundet. Stevie kam im August wieder, als ich bereits bei Charly angefangen hatte. Ich war fest entschlossen, ihn für Charlies IT-Schmiede als Softwareentwickler zu gewinnen. Ich wollte ihn unbedingt als Java-Programmierer haben. Emma hatte mir verraten, wann sie mit Stevie im Starbucks war und ich kam zufällig dazu.

»Hey Stevie.«, jaulte ich euphorisch. Er drehte sich um. Sein Blick streifte mich als er in der Menge nach einer Stimme suchte.

»Hey, ich bin’s, Lucky.«, setzte ich nach, worauf sein Blick auf mich zurückfiel.

»Lucky!?« Ich sah seinem Gesicht an, dass er mich nicht zuordnen konnte.

Gleich klingelt’s beim Java Coder

»Du hast vor einem halben Jahr einen Java-Code hier umgeschrieben.«

»Ach ja, der Test. Ich erinnere mich. Platz eins aus eins und so.« Ich setzte mich neben Emma und konnte direkt in sein Gesicht sehen. Die Schmauchspuren seiner Enttäuschung waren unverkennbar. Er zog die Brauen zusammen und formte eine Falte zwischen den Augen.

»Ja, du warst der erste Kandidat, weil der Test erst am Nachmittag dieses Tages gemacht wurde.«

Mit einem feuchten Blubbern zog Stevie die Reste seines Vanilleshakes durch den Strohhalm.

»Und wie viele sind es jetzt?«

»Emma, kannst du ihm den Link schicken?!«

Der beste Java Programmierer unter Tausenden

»Ping« machte es auf Stevies Handy. Er zog es vom Tisch und starrte aufs Display. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden. Auch Emma sah ihn gespannt an. Sie wusste, was auf dem Display zu sehen war. Es war in den letzten Monaten unser Thema Nummer eins. Sein konzentrierter Gesichtsausdruck wich einer schlagartigen Begeisterung. Die Augen glänzten wieder und seine angespitzten Lippen machten einem breiten Grinsen Platz.

»3.456 Coder?«

»Ja, mehrere Unis haben am Test teilgenommen. Und der beste Informatiker hat 56 Sekunden gebraucht. Weißt du wie verrückt das ist?!«

»Und wo ist mein Ergebnis?«

»Ich musste es entfernen, da du keine Martrikelnummer hast. Es tut mir leid, doch Tatsache ist, dass du unter 3.456 Programmierern der Beste warst.

Stevie rollte mit den Augen und drehte den Kopf zur Seite. Seine Begeisterung war mit einem Mal gewichen.

»Naja, so ist das eben. Mit einem Realschulabschluss ist kein Informatik Studium drin. Ich bleibe wohl in der Druckerei hängen.«, meinte er und schlug die Lider auf die Wangen.

»Darüber wollte ich mit dir reden.«

»Über meinen Job bei der Druckerei?«

Stevies Aufstieg zum leitenden Softwareentwickler

»Nein Stevie, ich möchte dir einen Job als Java Programmierer anbieten.«

»Hat dir Emma erzählt, dass wir das bereits versucht haben? Ohne Studium reicht es bestenfalls zum Frontendentwickler bei jemandem, der HTML für eine Programmiersprache hält.«

»Hör dir an, was Lucky zu sagen hat.«, warf Emma ein, lehnte sich über den Tisch und rüttelte an seinem Arm.

»Okay.«

»Also, Stevie. Hier ist mein Angebot: Du fängst nächsten Monat in meinem Team bei Tenning als Junior Java Programmierer an. Du hilfst mir bei der Planung des Shops und in der restlichen Zeit musst du dich auf eine Prüfung vorbereiten. Die wirst du mit Leichtigkeit bestehen. Alles wird von uns finanziert. Ab März nächsten Jahres ist deine Probezeit vorbei und du wirst als Senior Software Entwickler übernommen. Was denkst du?« Ich konnte förmlich sehen, wie die Synapsen in seinem Hirn ein Pingpong auslösten.

»Muss ich mich gleich entscheiden?«

»Was gibt es da nachzudenken?«, mischte sich Emma ein. »Das kann nicht mal ich dir besorgen. Du bist neunzehn Stevie. So ein Angebot ist unglaublich.«

»Okay, dann bin ich dabei!«, jauchzte Stevie und das war der Anfang einer wundervollen Reise mit einem außergewöhnlichen Menschen.

Dirty Harry ist zufrieden

»Wow.«, entgegnet Harry. Wieder einmal eine gute Geschichte. »Wo ist Stevie jetzt?«

»Er arbeitet als Lead Softwareentwickler bei Tenner.«

»Nicht übel. Dann hast du ihm zu einer gewaltigen Karriere verholfen.«

»Nein, zu der hat er sich schon selbst verholfen. Ich habe lediglich das kanalisiert, was bereits vorhanden war. Stevie ist als Softwareentwickler geboren worden.«

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Wenn du möchtest, kannst du Lucky mit der Jobvermittlung beauftragen.

IT Jobs
Kapitel 3: ‚Googlesche‘ IT Jobs

Stevie rockt die IT Jobs!

»IT Jobs gibt es wie Sand am Meer. Warum sind die Coder bei dir gestrandet? Hast du Jean-Luc Picard auf die Dielen geschickt, um die Aufmerksamkeit von Java Programmierern auf dich zu ziehen?«

Harald Hetzer, alias Dirty Harry der Journalist, macht kreisende Bewegungen mit den Armen und verrenkt rhythmisch den Kopf.

»Mir gefällt dein Bild.«, lache ich, weil mich sein Gezappel zutiefst amüsiert.

»Neben Java Programmierern, brauchten wir auch PHP Coder fürs Backend, Leute die sich mit SQL, HTML, CSS und JavaScript auskannten. Wir brauchten einen Webdesigner, Onlinevermarkter und Redakteure. Mit Picard waren die IT Jobs nicht zu besetzten.«

»Was ist mit C++, Python, Perl und Haskell?« Ich bin erstaunt, dass Harry so gut Bescheid weiß, was gängige Programmiersprachen betrifft. Mit einem Mal setzt sich ein Erinnerungsfetzen bei mir ab. Ein flaues Gefühl beschleicht mich und mein Kopf wird schwer.

»Es war zum Mäuse melken, eine einzige Tragödie. In den ersten sechs Monaten nahm Charly die Bewerbungen in die Hand. Wir hatten einen Blumenstrauß mit IT Jobs ausgeschrieben, und es gab auch einen prallen Kartoffelsack voller Interviews. Doch nicht ein einziger Softwareentwickler wollte bei uns Wurzeln schlagen. Die Informatiker kamen, hörten sich Charly an, machten auf der Ferse kehrt und ließen die Türe ins Schloss fallen. Es war so, als wären wir mit der Krätze befallen gewesen. Alle Felle schienen davon zu schwimmen. Bis wir in Stevies Büro zogen.«

»Warum Stevies?«

»Weil seinen Ideen Leben eingehaucht worden ist.«

»Na dann lass mal hören. Erzähle mir die Geschichte Lucky und erzähle sie mir so, wie du sie einem IT-Buddy erzählen würdest.

Stevie Wonder, IT Jobs vom Superhelden

Es war Ende Februar. Draußen herrschten arktische Temperaturen. Der Schnee der vergangenen Tage hatte die Straßen zu Eisrutschen verwandelt. Mein Roller blieb in der Garage und ich nahm die Öffentlichen zur Arbeit. Ich fuhr gerade die Rolltreppe am Marienplatz runter, als es mir schlagartig warm ins Gesicht wehte. Eine Windböe hatte sich druckbeschleunigt aus dem Tunnel geschoben und kündigte die heranrasende U-Bahn an. Stevie war zwei Stationen vor mir zugestiegen und wartete im dritten Wagen. Mit einem zischenden Saugen öffneten sich die Türen und eine Menschentraube quoll heraus. Das Abteil war sichtlich entleert.

»Alter, nicht dein Ernst?!«, hörte ich eine männliche Stimme rufen.

»So krass!«, rief eine andere.

»Die Kills machen mich fertig!«, verlautbarte ein weiterer Ruf.

»Unglaublich.«, staunte die letzte der Stimmen. Als sich die Reihen gelichtet hatten, erkannte ich vier aufgebrachte Jungs, die sich an der gegenüberliegenden Tür des Abteils um Stevie scharrten. Sie sahen nach Studenten aus.

1-A Vorstellung. Halt die Ohren steif, Champ.

»Okay Jungs, das sind dann dreißig zu null. Muss hier raus. Habe doch jetzt einen IT Job.« Stevie drückte einem die PSP in die Hand.

»Die gehört dir.« Der Bauch des wohlgenährten Studenten wölbte sich über die Gürtelschnalle seiner tief sitzenden Jeans. Er legte die Hand auf Stevies Schulter und setzte ein Honigkuchengrinsen auf.

»Gratuliere zum IT Job Stevie Wonder.«, dann kaute er kurz auf der Lippe und meinte: »Wann ist das nächste Upload?«

»Heute Abend gibt’s die Session vom Weekend.«, erklärte Stevie, legte den Kopf schief und schnalzte mit der Zunge.

»Check, Alter. Wie geil ist das denn?!«

»Jo, Bro, das ziehen wir uns heute nach der Stabi rein und danach gibt’s aufs Maul, Paul.«

»Lass krachen Stevie.«

»Ja, lass krachen.«

»Bleib auf Kurs!«

»1-A Vorstellung. Halt die Ohren steif, Champ.«, lautete der letzte der vier Abschiedsrufe.

IT Jobs müssen den Geschmack von Programmierern treffen!

Ich stieg mit Stevie am Odeonsplatz aus und hatte noch kein Wort mit ihm gewechselt.

»Hi Lucky.«, meinte er als er zu mir aufgeholt und sich durch den Menschenauflauf gekämpft hatte.

»Hi Superstar. Du hast die Jungs eben ganz schön beeindruckt. Die waren hin und weg von dir.«

»Ja, die treffe ich fast jeden Morgen.«

»Und es geht immer so ab?«

»Nee, meistens geht’s um ihre Vorlesungen, oder sie lassen sich bei Hausarbeiten in Java von mir helfen. Du weißt ja, ich liebe Java Programmieren.«

»Das habe ich mitbekommen. Aber wenn wir schon bei der Liebe sind: Dein Herz scheint auch für Gaming zu schlagen.«

»Ja, ich zocke saugerne, liebe es.«

»Und was meinte der gerade eben? Welche Session vom Wochenende möchtest du uploaden?«

»Call of Duty. Ich zeichne meine Spiele auf und lade sie auf Youtube hoch.«

»Hey, das ist cool. Wie ist dein Username?«

»steviewonder, zusammen und klein.«

Der Java Programmierer riecht den Architekten Braten

»Okay Stevie Wonder, das werde ich mir mal reinziehen. Und jetzt haben wir gleich das Meeting mit Charly. Nächste Woche ziehen wir ins neue Büro, und wir müssen den Plan für die Ausstattung mit ihm verabschieden. Und er möchte, dass wir zukünftig die Interviews der IT-Jobs übernehmen.«

»Ausstattung?«

»Ja, dein Arbeitgeber ist hierzulande einer der größten Büroausstatter. Schon gehört?«

»Und was bedeutet das?«

»Einfach alles. Charly hat eine Menge Erfahrung mit sowas und legt sich mächtig ins Zeug. Er hat sogar einen seiner Architekten eingebunden.«

»Okay, von mir aus.«, sagte Stevie in einer Gleichgültigkeit, die mit Skepsis graviert war. Ich sah es nicht kommen. Doch es sollte sich noch zeigen, dass Stevie gute Antennen besaß.

0815-Arbeitsplatz für Coder

»Ach, die Herren Informatiker.«, begrüßte uns Charly und sah in seinem hellgrauen Nadelstreifenanzug wie aus dem Ei gepellt aus.

»Das ist Franz. Er wird uns gleich seine Vorschläge zum neuen Office zeigen.« Franz war ein hagerer Mittfünfziger mit silbernem Bürstenhaarschnitt und kleinen blaugrauen Augen. Sein beiger Anzug war ihm zwei Nummern zu groß und sein Hemd war falsch geknöpft. Mit seiner Nickelbrille hatte er etwas Lehrerhaftes, was von einer grobgestrickten Wollkrawatte in hellblau eskortiert wurde.

»Habe die Ehre.«, näselte er halsrenkend und hob zur Begrüßung die Hand. Seine Stimme war kopflastig, hoch und ohne Volumen.

Ich konnte in Stevies Blick lesen, dass er ihn für einen extraterrestrischen Eindringling hielt. Franz zog mit einem schmirgelnden Rascheln eine zusammengerollte Blaupause aus seiner Plastiktube und strich sie auf dem Tisch glatt.

»Dann lass mal sehen.«, rief Charly voller Tatendrang. »Erkläre uns, was du vorhast.«

»Also, hier ist der Eingang. Da kommt eine Garderobe hin. Für vierzehn Programmierer habe ich drei Tischgruppen vorgesehen, zwei Fünfergruppen da und eine Vierer hier. Jeder Arbeitsplatz wird mit einem IMac und einem Chefsessel bestückt.«

Stevies Informatiker Wohlfühloase

»Ich mag deinen Vorschlag, Franz. Was sagt ihr dazu?« Charly und Franz sahen uns eindringlich an. Ein Blick zu Stevie verriet mir, dass sein Begeisterungsbalken im tiefroten Bereich lag. Es sah eher so aus, als wäre Call of Duty unter Prohibition gestellt worden. Die Stille fing bald an, sich beklemmend anzufühlen.

»Also, ich finde es ganz gut. Sieht mir nach einem gemütlichen Büro aus.«, schoss es aus mir heraus. Franz nickte sich ein gesichtsweites Grinsen. Meine Bestätigung taugte ihm.

»Was ist mit dir Stevie? Du hast noch nichts dazu gesagt.«, fasste Charly nach. Wieder kehrte Stille ein, doch Stevie machte keine Anstalten sie zu brechen. Er sah mit leerem Blick auf die Blaupause und runzelte die Stirn. Franz wechselte sein Gewicht aufs andere Bein und stützt die Hände auf die Hüften. Charly starrte mich an, als wüsste ich, was in Stevies Kopf rumspukte. Dann zog er seinen Blick zu Stevie und mutmaßte: »Du findest es scheisse, oder?«

Franz verknotete die Hände vor seinem Gesicht und klopfte mit dem Daumennagel auf die Schneidezähne. Er schien außer Fassung zu geraten.

»Ich finde es langweilig, ohne Seele, ohne Persönlichkeit.«, haute Stevie einfach so raus. Das war so ehrlich! Charly legte den Finger auf seine Lippen und kniff die Augen zusammen.

»Okay, Stevie, wir gehen zurück auf Los. Sag, wie du es machen würdest. Sag’s frei raus!« Nun schien sich Franz innerlich aufzulösen. Seine linke Gesichtshälfte begann unkontrolliert zu zucken.

Stevies Vorstellungen eines Arbeitsplatzes

»Also, ich stelle mir den Arbeitsplatz eines IT Jobs so vor: Weniger Tische für Coder, dafür quer im Raum verteilt; Fetten Couchbereich, in den man mit seinem Rechner versinken kann; Langen Tisch mit zwei gepolsterten Bänken vor der Küche; Gläserne Kühlschrankwand mit Getränken, Eis und gefrorenen Pizzas, viele Pizzas; Snackbar mit Schokolade, Gummibärchen und Chips, zaubert jedem Programmierer ein Lächeln auf die Lippen; Hochauflösender Beamer mit einer Playsi und Tischfußball, hebt die Stimmung; An den Wänden, kleine Basketballkörbe, die Papierknäuel schlucken können; Über den ganzen Raum gemütliche wolkenweiche Fatboys verteilt, in allen möglichen schrillen Farben. Auf Desktops würde ich bei Programmieren verzichten. Stattdessen würde ich Laptops einsetzen. Dann kann sich jeder Coder frei mit seinem Rechner bewegen und ist an keinen Arbeitslatz gebunden. Auf solche IT-Jobs haben die meisten Jungs richtig Bock.«

Back to Zero

Wieder bekleidete Stille den Raum. Charly machte ein Gesicht und fasste sich an die Lippe.

»Franz!«, schrie er plötzlich, so dass dieser zusammenzuckte und mit seinem nasalen Tonfall winselte: »Ja, bitte?« Charly zog die Blaupause vom Tisch und riss sie in zwei. Franz machte eine merkwürdige Verrenkung mit dem Kopf und sah ihn fassungslos an.

»Franz, du machst jetzt genau das, was Stevie gerade erklärt hat. Bis morgen früh brauch ich den neuen Plan. Bei Fragen, wende dich an ihn und wenn ihm noch was einfällt, dann setze es um. Brauchst keine Rücksprache mit mir zu halten.«

»Danke Stevie, das war unglaublich. Ich habe Bilder im Kopf und jetzt verstehe ich, was Wohlfühlen für einen Programmierer bedeutet.« Charly klopfte Stevie auf die Schulter und warf mir einen zufriedenen Blick zu. Er drehte seinen Kopf zu Franz und erklärte: »Wir brauchen dich dann nicht mehr hier. Sehen uns morgen früh wieder.« Franz hob knapp die Hand und meinte: »Habe die Ehre.« Dann verließ er fluchtartig das Büro.

Stevie ist der Gaming Superheld

»Lasst uns rübergehen.«, schlug Charly vor. Wir liefen die Schritte und ließen uns in die samtweichen Couchsessel versinken. Weiße Lilien blühten gelb pudrig und versprühten einen süßlichen Geruch. Charly schloss die Augen und atmete tief ein. So dass sich sein Brustkorb wölbte.

»Ich liebe den Geruch dieser Blumen. Er ist so unverfälscht und klar, dass man ihn mit nichts verwechseln kann. Einzigartig!« Charly verstand es, bei schwierigen Themen entspannte Stimmung zu erzeugen.

»Also Jungs. Wir haben ein Problem. Wir wollen ab April, das ist in fünf Wochen, die Raketen zünden und mit der Umsetzung unseres Projekts starten. Zwölf IT-Jobs sind immer noch unbesetzt. Bewerber gab es zu Genüge, doch die meisten waren nichts. Und wer in Frage kam, den konnte ich nicht für uns gewinnen. Ich brauche dringend eine Lösung. Wir müssen einen Weg finden, unsere Jobstellen zu besetzen. Koste es, was es wolle!« In Charlies Blick machte sich Sorge breit. Er schaute mich an und es war unverkennbar, dass er eine Lösung von mir erwartete.

Belegung der IT Jobs: Lucky lehnt sich aus dem Fenster

»Was denkst du, Lucky?«

»Denke, wir deichseln das. Mit dem neuen Büro wird es einfacher sein, Programmierer zu gewinnen. Was den Onlinevermarkter und die Redakteure betrifft, kann Stevies Cousine, Emma, uns unter die Arme greifen. Sie programmiert seit November als PHP Entwicklerin für einen Online-Personalvermittler.«

»Und warum kann sie uns nicht mit den IT Jobs helfen?«

»Wir schalten dort längst Anzeigen für Programmierer in Java, C++, Python und JavaScript. Doch die Ausbeute ist spärlich. In sechs Monaten gab es sieben Interviews. Den Ausgang kennst du ja.«

»Ja den kenne ich.« Charly senkte den Kopf, als habe er etwas ausgefressen.

Mehr Bewerber als IT Jobs

»Und warum nehmen wir keine Programmierer aus unserem Umfeld?«, fragte Stevie mit einer unschuldigen Stimme, die eine Spur Naivität durchschimmern ließ.

»Wie viele Programmierer kennst du denn, Stevie?«

»Naja, kennen, was heißt schon kennen!? Die Programmierer kennen mich. Ich kenne nur wenige von ihnen.«

Charly zog nun ein Gesicht, das vermuten ließ, dass gerade sein Prozessor hängen geblieben ist. Ich verstand in diesem Moment auch nur Bahnhof und hoffte, dass sich Stevie nicht zu weit aus dem Fenster lehnte. Er hingegen, saß mit einem fetten Grinsen da. Unsere skeptischen Blicke schienen seine Motivation nicht zu bremsen. Plötzlich hatte ich eine Ahnung, doch dazu musste ich mich erst vergewissern.

Das Geheimnis um Stevie lüftet sich

»Entschuldigt bitte, ich muss kurz was nachsehen.«

Ich nahm mein Handy in die Hand, sprang in die Youtube App und suchte nach steviewonder. Und dann war alles klar. Gott, dieser Stevie. Er steckte wirklich voller Überraschungen.

»Hast du im Lotto gewonnen?«, fragte mich Charly, da in meinem Gesicht mit einem Mal die Sonne schien. Ab da wusste ich, wer unser Senior Java Entwickler, Stevie, war. Doch ich ahnte nicht, dass wir schon bald von Programmierern überrannt werden sollten und viel zu wenig IT Jobs zu vergeben hatten.

»Ho, ho, ho! Da muss ich ja glatt fragen, wie viele Abonnenten Stevies Kanal auf Youtube hatte.«, unterbricht mich Dirty Harry.

»Gute Frage. Das war tatsächlich der Schlüssel.«

»Ja und? Wie viele? Oder muss ich jetzt selbst nachsehen?«

Java Entwickler kommet!

»Sieh nach!« Harry greift sich sein Handy und tippt. Ich kann nicht sehen, was er sieht, doch er wird sich gleich verändern. Erwartungsgemäß explodiert eine Bombe in seinem Gesicht.

»4,4 Millionen Abonnenten?! Willst du mich verarschen?! Der Kleine ist ein f…ing Superstar.«, schreit er in den Raum.

»Ja, unser Stevie ist ein f…ing Superstar auf Youtube und hat eine Fanbase von 4,4 Millionen Gamern. An dem Video hat er übrigens achttausend verdient.«

»Unglaublich! Und warum macht er nicht nur das?«

»Seine Eltern würden ihm den Kopf abreißen und Emma würde ihn übers Knie legen. Abgesehen davon hatte Stevie auf Java Programmieren Bock. Das war ihm wichtiger als das Gaming. Und Geld war für ihn bestenfalls Zweck, aber kein Antrieb.

»Okay, und Tenner war aus dem Häuschen, oder?«

»Darauf kannst du wetten. Er machte Luftsprünge und pumpte die Faust in die Luft. Ab diesem Tag war er der emotionale Vorsitzende des steviewonder Fanclubs. Stevie hier, Stevie da, Stevie dort.«

Keine Missgunst im Job

»Aha, gab es wohlmöglich Eifersüchteleien zwischen Programmierern?«

»Ach quatsch, ich bin selber einer seiner größten Fans. Stevie ist phantastisch. Er hat nichts Böses in sich. Vielleicht manchmal etwas Trotziges, aber nie Böses.«

»Okay, gefressen. Ich mag die Geschichte und ich liebe Stevie. Gibt es noch mehr von ihm zu erzählen?«

»Oh ja, warte mal ab, wie er die Informatiker in Aufruhr gebracht hat und unsere Stellen im nu gestürmt wurden. Und dann noch sein Einstellungstest: ein brillanter Hindernisparcour. Das war einfach Wahnsinn. Eine geile Zeit! Und es machte tierischen Spaß mit Stevie die IT Jobs zu besetzen.«

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Suchst du nach einem neuen IT Job? Get Lucky!

Java Jobs
Kapitel 4: Hardcore Einstellungstest für Java Job!

Java Job Hindernisparcours, der Einstellungstest für Superhelden!

Harald Hetzer, der Journalist, möchte sich mit mir über den Java Job bei Tenner unterhalten. Ich habe zwei frische Scheitel aufgestapelt. Das Aroma der aufflammenden Birke schwängert den Raum. Harry starrt mich fordernd an.

»Lucky, der Einstellungstest für den Java Job, wie lief der ab? Habt ihr den Entwicklern einen Fragebogen unter die Nase gerieben?« Dirty Harry zieht sich die Brille vom Gesicht und lässt sie um den Bügel kreisen. Seine kastanienbraunen Augen schimmern im Gegenlicht des Kaminfeuers. Ich gebe mir einen Moment bis sich ein Bild aus meiner Erinnerung schält: »Der Einstellungstest war wie ein Abtauchen ins dunkle Geäst. Keiner konnte sehen, was als nächstes kam. Ich musste mich am Ende fragen, ob ich nicht selber mit Pauken und Trompeten durchgerasselt wäre.«

»Wow, das ist ein Statement! Erzähle mir die Geschichte Lucky, und erzähle sie mir so, wie du sie einem IT-Buddy erzählen würdest.

Bewerber Tsunami! Wo
bleibt der Einstellungstest für den Java Job?

Stevie ließ die Bombe detonieren. Er postete eine Nachricht in den Kommentaren seines Gaming-Kanals auf Youtube.

»Habe jetzt einen IT Job bei Tenner. Wer Java beherrscht und Bock hat, mit mir zu entwickeln, ist herzlich eingeladen. Ihr werdet es lieben. Schickt euren Lebenslauf an steviewonder@tenner-it.de

Was dann passierte, war wie ein warmer Sommerregen. Wir wurden von knapp zweitausend Kommentaren und siebenhundert Lebensläufen überschüttet. Es war völlig verrückt!

»Die Lebensläufe zu vergleichen ist eine Sisyphosaufgabe.«, warf ich frustriert in den Raum. Stevie starrte in die Spiegelung der gläsernen Kühlschrankwand. In seinen Augen sah ich seinen Prozessor auf Hochgeschwindigkeit tackten. Sie flimmerten und seine Lider zuckten ganz leicht, wenn er einen Gedanken schärfte.

Stevie liefert mal wieder

»Wir sollten ein Programm schreiben. Eines, das die Daten ausliest und verarbeitet.«, rief Stevie euphorisch und trug dabei seinen ansteckenden Glanz in den Augen. Immer wenn es ums Entwickeln ging, setzte sich eine spielerische Energie in ihm frei.

»Gute Idee, Champ. Hast du einen Vorschlag, wie wir die Attribute vergleichen sollen?«

»Lass sie uns indexieren.«, schlug er vor.

»Indexieren ist klasse.«, warf ich begeistert ein.

Unser »Social Matching« war geboren

Also zauberten wir ein Programm, dass die CVs auslesen konnte. Schulter an Schulter mit Stevie entwickelten wir noch einen Auswertungsalgorithmus. Er indexierte alle relevanten Attribute und zog sich weitere aus den sozialen Medien. Unser »Social Matching« war geboren.  So konnten wir jeden Kandidaten nach Fähigkeiten und Eigenschaften scoren.

Wir hätten liebend gerne alle siebenhundert Java Programmierer interviewt, doch das hätte mehrere Monate beansprucht. Und die Zeit lief uns davon. Wir mussten uns parallel um die Umsetzung des Shops kümmern. Charly machte passiven Druck mit täglichen Mails, deren Inhalt mit neuen Anforderungen bespickt war. Er war im Ideenrausch, hatte eine verdammte Kreativitätsüberdosis. Anders kann man das nicht nennen.

Java Job am Ende des Hindernisparcours

»Okay, unser Programm spuckt jetzt hundert Kandidaten aus, die sich im oberen Quartil befinden. Ich denke, die sollten wir zu einem Interview einladen.«, war mein Statement. Stevie hielt meinem Blick nicht Stand und blickte, auf seine Kaffeetasse. Seine Stirn faltete sich.

»Scheinst ja richtig aus dem Häuschen zu sein.«, setzte ich nach.

»Darum geht’s nicht, Lucky. Ich verstehe nur nicht so ganz, wo das hinführen soll. Okay, dann sind sie da. Und dann? Was wollen wir mit ihnen machen? Du weißt doch, wie die Jungs ticken. Interviews sind ein Horror für die meisten Informatiker, die ich kenne.«

»Aber sie lieben spielerische Herausforderungen, oder?«

»Woran denkst du?«, fragte mich Stevie und spitzte sein Kinn.

»Na, wir geben ihnen den Java Test, den ich für die Uni geschrieben habe. Die fehlerhafte Schleife und der lahme Algo?! Du erinnerst dich?!«

»Ja, der Test, stimmt. Das schmeckt mir! Sie sollen den Test machen. Und die Besten holen wir an Board. Lucky, das ist perfekt!«

Teamfähigkeit als obligatorische Superkraft

»Es gibt noch ein Problem.«

»Welches denn?«, fragte Stevie mit entgegengesetzter Betonung.

»Der Java Test prüft die Programmierfähigkeiten. Aber was ist mit Teamgeist oder Kommunikation?«

»Ich habe eine Idee.«, meinte Stevie. »Wir bauen verschiedene Tasks ein, die uns alle Antworten liefern. Wir geben den Programmierern aber das Gefühl, dass es nur um den Java Test geht.«

»Ich kann dir noch nicht ganz folgen.«, erkläre ich mit Skepsis.

»Okay, ein Beispiel«

«Wenn wir die Teamfähigkeit prüfen wollen, dann kreieren wir eine Situation, in dem sie auf den Prüfstand gestellt wird.«

»Ja, weiter.«, warf ich hastig ein. Doch davon ließ Stevie sich nicht beeindrucken. Er zerknüllte raschelnd ein Blatt und versenkte es mit einem ausladenden Wurf im orangen Netz neben der Küchentür.

»Strike!«, jauchzte er und pumpte die Faust in die Luft. »Was, wenn sich jemand ins Sekretariat setzt und den Bewerbern eine versteckte Aufgabe gibt.«

»Versteckte Aufgabe?«, hake ich nach.

 »Okay, stell dir folgendes vor: am Ende des Interviews bitten wir den Bewerber, unserer Sekretärin, die wir uns von Charly ausleihen, etwas auszurichten. Der Bewerber stolpert zurück in den Empfang und sieht, dass sie telefoniert. Sie signalisiert ihm mit einer Handbewegung, dass sie gleich für ihn da ist. Dem Telefonat entnimmt der Bewerber, dass sie ein Problem hat. Es muss etwas sein, dass jeder Informatiker mit geringem Aufwand lösen kann.«

»Ouh Mann Stevie, ich bin erneut überrascht von deiner Kreativität. Das ist absolut genial! Wenn er hilft, könnte er unser Mann sein.«

»Und wenn nicht, dann passt er nicht zu uns.«

»Bingo!«

 Java Job Test: Der verrückteste Satz des Universums!

»So viele Tage wie das Jahr, soviel der Fuchs am Schwanz hat Haar.«

Ich war im Begriff den Satz zum vierten Mal vorzusprechen, doch Stevie konnte ihn nicht fehlerlos nachsprechen.

»So viele Tage wie das Jahr, so viel der Fuchs hat Haare… verdammt Lucky! Warum kann ich diesen Satz nicht aussprechen? Ich drehe durch!« Stevie ballt die Fäuste und macht ein verkrampftes Gesicht. »Was ist das nur mit diesem Satz? Der ist doch verhext. Ein verhexter Satz der jeden, der es wagt ihn in den Mund zu nehmen, mit geistiger Verwirrung flutet.«

»Aber der perfekte Satz, um die Kommunikationsfähigkeiten zu prüfen.«, erklärte ich im Brustton der Überzeugung.

»Ja, das mag wohl stimmen. Und hast du bisher jemanden getroffen, der diesen Satz beim ersten Mal aussprechen konnte? Nenne mir nur einen!«, forderte Stevie.

»Nein, niemand konnte diesen Satz bisher beim ersten Mal wiederholen. Nicht ein Einziger! Im Schnitt werden fünf Anläufe benötigt.«

»Fünf? Das heißt, wenn es jemand beim ersten Mal schafft, hat er die Kommunikationssuperkraft!«

»Ja Stevie, so kann man es sehen. Er ist dann ein heldenhafter Sprecher!«

»Wow, jetzt bin ich richtig gespannt auf unseren Einstellungstest. Das wird mega geil, Alter«, jaulte Stevie.

Sieger am Horizont

»Möchtest du jeden Bewerber gesondert durchlaufen lassen?«

»Was schlägst du vor?«, setze ich entgegen.

»Ich denke, wir sollten den Test hier drinnen machen. Da haben locker dreißig Platz. Dann schicken wir einen nach dem anderen in den Sprachtest und dann über den Sekretariats Parcours. Die Dreißig könnten wir dann in drei Stunden durchschleusen.«

»Das ist cool Stevie, sehr gut! Dann können wir alle an einem Tag testen.«

»Und unsere Einstellungsfavoriten laden wir nochmal ein.«

»Genau so und nicht anders. Dann sind wir in drei Tagen fertig. Check, Alter!« Wir klatschten uns ab und ich sah Stevie an, dass er genauso begeistert von unserer Lösung war, wie ich. Was die Spannung betrifft, war sie kaum zu ertragen. Vier Tage später war es dann so weit.

Java Job Einstellungstest, der Tag der Tage.

Stevie war voll in seinem Element. Er stand auf dem Tisch in Mitten des zweihundert Quadratmeter großen Raumes und erhob sich über die Menschentraube. Die Sonne strahlte durch das schräge Glasdach auf sein Gesicht und gab ihm etwas Erleuchtendes.

 »Okay, Leute, bitte alle herhören. Danke, dass ihr gekommen seid. Getränke gibt’s in der Kühlerwand da drüben. Kaffee und Snacks stehen dort an der Snackbar. Greift zu! Ansonsten habt ihr freie Platzwahl. Es geht in zehn Minuten los. Der Beamer zeigt euch die Liveergebnisse. Anschließend möchten wir mit jedem ein kurzes Gespräch führen. Die Reihenfolge bestimmt der Test. Der erste kommt zuerst dran. Ich wünsche euch viel Spaß und gutes Gelingen! Wir sehen uns dann danach!«

Die Programmierer schwärmten aus und verpflegten sich mit Zucker aller Art.

»Ihr müsst euch mal in die Fatboys setzen. Sie sind urgemütlich.«, rief Stevie einer Gruppe von sechs Leuten zu.

»Ansonsten kann ich auch einen Platz in der Couchgruppe empfehlen, falls jemand auf wolkenweiches Einsinken steht.«

»Wow, das ist ja ein geiles Büro.«, staunte einer der Coder, während er seinen Blick schweifen ließ.

»Könnte deins werden.«, erwiderte Stevie und zwinkerte ihm zu.

Die Show beginnt!

Der Beamer projektierte die leeren Ränge an die Wand. Die Zeit lief. Zehn Sekunden waren bereits gezählt. Es war still. Alle Augen richteten sich auf den Java Code. Nach fünfzehn Sekunden war ein erstes leises Tippen zu vernehmen. Kurz darauf breitete es sich aus. Die ersten arbeiteten am Code. Als eine Minute vergangen war, hackte jeder wie wild in seine Tastatur. Plötzlich ertönte ein »Yesss« und ein Rechner klappte zu. Es machte »Ping« und der erste Rang war besetzt: »Mario Steiner, 1:21.«

Supermario gewinnt die Eignungsprüfung

Stevie und ich sahen im selben Atemzug zu einem knallgelben Fatboy. Ein Kerl um die Dreißig hatte sich im Schneidersitz versenkt und umklammerte seinen Rechner vor der Brust. Sein rotblondes Haar war zur Seite gescheitelt und sein rundes Gesicht mit Sommersprossen bekleckert. Er blickte zu Stevie, biss sich auf die Lippe und kniff kurz die Augen zu. Stevie zuckte mit den Brauen und glänzte ihn an. Das war wohl Liebe auf den ersten Blick. Immer mehr Rechner Klappten zu, bis der letzte den Test mit unter drei Minuten absolviert hatte. Die Jungs waren richtig gut. Jeder einzelne von ihnen. Ich hätte am liebsten alle eingestellt.

Supermario vor!

»Du kannst dann gleich mitkommen, Mario.«, rief Stevie unserem Champion zu. »Der Rest von Euch kommt bitte in den Raum rechts vom Empfang, wenn er seinen Namen auf der Wand sieht.«

»Hi, ich bin Lucky«, stellte ich mich Mario vor und drückte ihm die Hand. »Stevie kennst du ja schon.« Wir betraten gerade den Besprechungsraum neben dem Sekretariat. Stevie setzte sich am Tisch neben Mario. Gegenüber setzte ich mich hin.

»Ich würde dir gerne einen Satz vorsprechen.«

»Es ist ein deutscher Satz. Keine Fremdwörter. Er besteht aus dreizehn Worten. Dein Ziel ist es, den Satz beim ersten Mal richtig zu wiederholen. Machst du einen Fehler, wiederhole ich den Satz und du hast einen weiteren Versuch. Nach sieben Versuchen brechen wir ab.«

»Sieben? Ein deutscher Satz?«, hackte Mario nach. Seine Augen weiteten sich. Es schien ihn zu beunruhigen.

»So viele Tage wie das Jahr, soviel der Fuchs am Schwanz hat Haar.«

Mario machte einen Strich mit seinen Lippen. Dann holte er tief Luft.

»So viele Tage wie das Jahr, soviel der Fuchs am…, hat Haar, verdammt.« Er ballt seine Fäuste und verzerrt sein Gesicht.

»Entspann dich Mario.«

«Beim ersten Mal hat es nie jemand geschafft. Lass dir Zeit und verinnerliche den Satz, bevor du ihn nachsprichst.«

»So viele Tage wie das Jahr, soviel der Fuchs am Schwanz hat Haar.«

Mario hatte seine Augen geschlossen. Seine Gesichtszüge hatten sich komplett aufgelockert. Es war still. Dann öffnete er die Augen und sagte: »So viele Tage wie das Jahr, soviel der Fuchs.« Wieder war es still. »Am Schwanz.« Mario sah uns nacheinander mit großen Augen an. »Hat Haar.«

»Wow!«, rief Stevie. »Beim zweiten Mal. Unglaublich.«

»Okay Mario, wir sind beeindruckt. Du wirst hiermit von uns entlassen und wir sehen uns garantiert wieder. Kannst du mir noch einen Gefallen tun und der Sekretärin ausrichten, dass sie den Termin auf vier verlegen soll. Sie weiß dann schon Bescheid.«

»Mach’s gut Mario.«, rief Stevie und ballte anerkennend die Faust.

»Ja, mach’s gut.«, setzte ich nach.

»Ja, bis bald.«, entgegnete er mit einer gewissen Selbstsicherheit und verließ den Raum.

»Sie spielte ihre Rolle perfekt«

»Ach du meine Güte.«, hörte er die Sekretärin ins Telefon rufen. »Ich kenne mich mit Salesforce nicht aus. Das kann ewig dauern.« Marta, die Mittfünfzigerin mit dem Silberbob blickte über ihr drahtiges Brillengestellt zu Mario, hob den Finger und sprach stumm mit deutlichen Lippenbewegungen: »Einen Moment.« Sie spielte ihre Rolle perfekt. Dann legte sie auf und meinte: »Was kann ich für Sie tun?«

»Ich soll ihnen ausrichten, dass Sie den Termin auf vier verlegen sollen.«

»Okay, danke.«, erwiderte Marta, doch Mario blieb regungslos. »Sonst noch was?«

»Nein, alles gut, danke.«

»Gut, dann auf Wiedersehen.«

»Wiedersehen«, sagte Mario ging drei Schritte und machte auf der Ferse Kehrt. Marta drehte ihm den Kopf zu.

»Ich will nicht aufdringlich sein, aber ich habe sie eben sagen hören, dass sie sich mit Salesforce nicht auskennen. Kann ich ihnen helfen? Ich kenne mich ganz gut damit aus.«

Und »BÄHM«. Supermario war geboren! Stevie und ich hatten den Vorgang durch den Türspalt beobachtet. Mit einem Rauschen im Bauch schloss ich übervorsichtig die Tür. Und dann fielen wir uns in die Arme. Wir freuten uns wie kleine Lausbuben über einen gelungenen Streich.

Harry weiß jetzt, wie ein Java Job belegt wird

»Nicht schlecht. Von so einem Eignungstest habe ich bisher noch nicht gehört. Aber irgendwie schon genial.«, wirft Harry ein. »Nehme an, mit dem Java Test habt ihr die Schaumkrone der Programmierer abgeschöpft.«

»Das kann man wohl sagen, Harry. Das kann man im wahrsten Sinne des Wortes behaupten. Für unseren Java Job haben wir Dank des Einstellungstests ein Team brillanter Java Programmierer gewonnen. Das war ein gewaltiger Erfolg.«

»Und Charly war mal wieder aus dem Häuschen, nehme ich an.«

»Charly war einerseits extrem dankbar und andererseits zeigte er eine hohe Wertschätzung. Er hatte nie in Frage gestellt, ob das täglich dreistündige Call of Duty Zocken okay ist. Er wusste, dass die Programmierer in der effektiven Arbeitszeit wahre Wunder zustande brachten. Der Spirit war einfach der Wahnsinn. Wir haben vieles richtig gemacht.«

Auf der Suche nach Programmierern? Für Arbeitgeber geht’s hier lang. Wenn du einen Job suchst, kannst du Lucky mit der Jobsuche beauftragen.

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